Müden, 02.09.2024
Trotz weichem Bett und angrenzender Straße habe ich recht gut und traumreich geschlafen. Das Frühstück ist, gemessen am Preis, sehr gut und üppig.
Ich gehe noch schnell zum nahegelegenen Nahkauf, um Wasser zu kaufen, bevor ich meine Sachen zusammenpacke und gegen 9:30 Uhr losziehe.
Die Ortschaft verlasse ich durch ein Wohngebiet, um dann zwischen Maisfeld und Eichenwald entlangzuwandern, bis ich schon wenig später auf die erste Heidefläche stoße.
Violette Heide, blauer Himmel, strahlende Sonne. Wow!
Dass die wunderschön anzusehende Heide in großen Teilen anthropogen, also von Menschen gemacht ist, dürfte auch nicht jedem bekannt sein. Der ursprünglich hier stehende Wald fiel dem übermäßigen Brennholzbedarf zum Opfer. Interessant!
Am an den Heidedichter erinnernden Lönsstein treffe ich auf die ersten Heidschnucken in Begleitung ihres Schäfers und zweier Hunde. Es ist wunderschön hier. Leicht getrübt wird alles nur vom dumpfen Wummern schwerer Geschütze irgendwo in der Ferne. Ich beschließe, dies so weit wie möglich zu ignorieren und meine Energie und Freude nicht für sinnlose Gedanken über dessen Sinn und Unsinn zu verpulvern.
Auf breiten Feld- und Forstwegen wandere ich, die Artillerie-Feuerstellung 21 tangierend, nach Wietzendorf. Im Edeka-ähnlichen Supermarkt kaufe ich mir mein Mittagessen und mache auf einer Bank in der Nähe Rast. Das tut gut, denn obwohl ich erst 13 km unterwegs bin und somit weniger als die Hälfte geschafft habe, spüre ich meine Füße. Ich brauche unbedingt neue Einlagen, denn meine jetzigen sind völlig durchgelaufen und ich wandere abgesehen von der Schuhsohle „ungedämpft“.
Weiter verläuft der E1 einige Kilometer auf sandigen Forstautobahnen durch den Wald, um dann zur Abwechslung auf eine fast ausschließlich von Lastwagen befahrene Nebenstraße abzubiegen. Wie ich später sehe, transportieren sie Kies, den sie aus einem abgestellten Güterzug aufnehmen. Interessant.
Umso schöner ist es, als ich die Straße verlassen darf und nach wenigen Metern in schönster Heidelandschaft stehe. Abwechslung ist wichtig, auch wenn es manchmal nicht schmeckt. Jeden Tag Leibgericht ist auch Mist.
Bald darauf komme ich an eine große Halle und sehe erstmals, wie Kartoffeln „aufbereitet“ werden. Am Ende der Apparatur kippt ein Radlader die Mischung aus Kartoffeln und Feldsteinen hinein und am anderen Ende fallen ziemlich saubere Kartoffeln in einen Anhänger. Dazwischen wird voll automatisch gewaschen und sortiert und alles von nur einer Person überwacht. Krass, was es so gibt. Ich werde Kartoffeln zukünftig mit anderen Augen aus dem Supermarktregal nehmen.
Bei der gleich darauffolgenden Biogasanlage muss ich mich sehr beherrschen, mein Mittagessen nicht wieder von mir zu geben, denn hier stinkt es so unglaublich erbärmlich … - gaaanz schnell weiter!
Auf diese Highlights dicht hintereinander folgen nun wieder ein paar Kilometer auf und neben einer Straße. Schön ist’s nicht, doch „wat mutt, dat mutt“.
Und so verbringe ich den Rest des Weges nach Soltau im „geistigen Flugmodus“.
Besondere Vorkommnisse: Überquerung der A7, ein wunderschöner Schmetterling, zwei gigantische Brombeerspinner und eine tote Maus.
Warum der E1 von Wietzendorf bis Soltau nicht dem (kürzeren und vermutlich schöneren) Heidschnuckenweg folgt, erschließt sich mir überhaupt nicht - an der landschaftlichen Schönheit oder besonderen Wegpunkten kann es nicht liegen.
In Tetendorf stehe ich plötzlich auf einem Privatgelände vor einem verschlossenen Tor und dies, obwohl ich meinen GPS-Track sorgsam gefolgt bin. Ich drehe also um und suche mir eine Alternativroute, nur um zu bemerken, dass diese auch schon mit dem E1 Zeichen markiert ist. Da war wohl an der letzten Kreuzung die geänderte Wegführung nicht deutlich genug gekennzeichnet. Mit 30 km in den Beinen hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Immerhin weiß ich, dass es jetzt nicht mehr weit ist.
Bald erreiche ich die weitläufige, etwas ungepflegte und doch schöne Anlage „Breidings Garten“, durch die ich bis fast ins Zentrum von Soltau gelange. Welch schönes Ende der heutigen langen Wanderung.
Um kurz nach 18 Uhr checke in „Meyn Hotel“ ein und erhalte ein schönes, modernes Zimmer. Die Fragestellung, ob ich heute erneut im Hotel esse, erübrigt sich, da die Küche geschlossen ist.
Pluspunkt: Frühstück gibt es schon ab 6:30, was gut ist, denn ich möchte morgen früher los.
Bin ziemlich fertig, doch ich raffe mich auf, sofort die Klamotten zu waschen und zu duschen.
Das Badezimmer und gerade die Dusche sind das modernste, was ich seit langem gesehen habe. Tolle Armaturen, prima Wasserversorgung, fugenlose Wandbeläge, ein schöner Boden und eine moderne Duschtasse mit weniger als 1 cm hohem Rand.
Und nun beginnt der Dilettantismus - nämlich mit einem Duschvorhang. Es geht damit weiter, dass seine Führungsschiene senkrecht über der Duschtasse verläuft.
Damit ist klar, dass das Wasser im großen Stil neben die Duschtasse läuft und auch nicht zurückfließen kann (wegen des Tassenrands), selbst wenn der Boden Gefälle hätte, was er nicht hat. Fakt ist - nach dem Duschen steht praktisch das komplette Bad unter Wasser.
Die „Lösung“ ist ein zweiter Duschvorleger. Haha!
Schwimmflügel wären eher angesagt. Oder vielleicht ein Bodenabzieher?
Nachdem ich das Bad aufgewischt habe (wo kommen jetzt plötzlich die langen Haare her?) gehe ich in die Stadt, kaufe mir etwas zu Trinken für die Nacht und esse schlussendlich beim Dönerladen eine Pizza, denn bei meinem favorisierten, gut besuchten Restaurant war der einzig freie Tisch entweder wirklich reserviert oder ich habe als Wanderer nicht zur übrigen Klientel gepasst. Und andere Restaurants sind größtenteils montags geschlossen.
Der Dönerladen ist nicht wirklich gut geführt, doch google zeigt über 4 Sterne und die Pizza schmeckt mir tatsächlich gut. Ich bin außerdem nicht auf Kulinarik-Urlaub.
Fazit: Ein langer, anstrengender Tag mit vielen eintönigen Strecken und einigen schönen Höhepunkten.
Länge |
Auf |
Ab |
34.2 km |
134 Hm |
131 Hm |
(Heute zickt das Karten-Plugin: die Tour war „nur“ 32.5 km lang)