Buchholz in der Nordheide, 07.09.2024

Obwohl ich nicht schlecht geschlafen habe, fällt es mir unglaublich schwer, mich für meinen letzten Wandertag aus dem Bett zu pellen. Das Frühstück ist erwartungsgemäß das Beste dieser Wanderwoche.
Das Hotel ist auch das einzige, in dem ich gerne noch geblieben wäre. Nicht, weil es so unglaublich hochwertig oder makellos eingerichtet wäre oder wegen der besonders wassersparenden Dusche. Es ist die liebevolle, nicht übertriebene und in sich stimmige Dekoration und Ausstattung, die ein angenehmes Flair versprüht, welches von den hier arbeitenden Menschen noch unterstrichen wird. Man könne meinen, dass sie es gerne tun.

Draußen ist es, anders als in den letzten Tagen, bedeckt und sehr schwül.
Da ich bis zum Ziel in HH-Fischbek keine Berührung mit dem, was man landläufig Zivilisation nennt, haben werde, bedarf es zunächst eines Abstechers zu LIDL. Ausgestattet mit Wasser, Brötchen und einer Dose Sardinen nehme ich nun endlich die letzten Kilometer des E1 unter meine Füße.

Vorbei an einem bunten Feld, an dem man Blumen selbst pflücken darf, wandere ich auf einem Wirtschaftsweg in den Wald. Abgesehen von der Überquerung der A1 verlaufen die nächsten 10 km ausgesprochen monoton. Doch dann gelange ich an einen vor sich hin modernden Holzstapel, neben dem auf einem sonnigen Fleckchen ein kleines Feld gelber Blumen wächst. In dieser kleinen Oase wimmelt es vor Tagpfauenaugen. Nachdem ich einige wirklich hübsche Fotos gemacht habe, verweile ich noch geraume Zeit, beobachte dieses beruhigende Schauspiel und bemerke, wie sich ein Lächeln in meinen Mundwinkeln verhakt.

Nach erfolgreicher Überquerung einer vielbefahrenen Landstraße verändert sich der Weg völlig. Er ist jetzt schmal, sandig und wurzelig und da ich mich jetzt in den Harburger Bergen befinde, geht es immer wieder ein paar Meter bergauf und bergab. Das macht richtig Laune.

Auf einer Bank, nur wenige Meter abseits des Wegs, mache ich Mittagspause. Ich verspeise die Brötchen und Sardinen, kleckere mir zur Feier des Tages richtig ordentlich Sardinen-Öl über die Hose und genieße die Ruhe. Vier Paare und zwei einzelne Wanderer gehen vorbei – nur ein einziger bemerkt mich. Wahrnehmung.

Bald erreiche ich die kleine Siedlung Tempelberg und stoße kurz danach auf das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide. Wie zum Abschied präsentiert sie sich hier noch einmal von ihrer richtig schönen Seite.

Ich merke, dass ich nicht wenig Lust verspüre, jetzt noch einmal nach Flensburg weiterzuwandern. Ich hätte alles dabei, was ich brauche …

Eine ganze Weile lang wandere ich nun durch die Heide und genieße es sehr, bevor mich der E1 ein letztes Mal in ein Wohngebiet ausspuckt und ich die letzten 2 km zur S-Bahn-Linie HH-Fischbek zurücklege.

Es ist wie im Film. Nur noch wenige Meter trennen mich vom Bahnübergang. Die Lichtsignale werden eingeschaltet. Es bimmelt. Ich lege ein paar schnelle Schritte ein und husche bei (natürlich!) gerade noch geöffneter Schranke hinüber auf die andere Seite. Und dann bin ich da. Genau an der gleichen Wegkreuzung, genau an dieser Brombeerhecke, an der ich schon vor einigen Wochen gestanden habe.
Es ist vollbracht!

Ich bin nun ein „Deutschland-Schweiz-E1-Lückenlos-Durchwanderer“.

Fanfarenstöße und Konfettiregen bleiben aus und hatte ich mich schon an der dänischen Grenze über die ausbleibende Freude gewundert, ist es heute ebenso. Vielleicht dauert es ein wenig, bis sich die Erkenntnis gesetzt hat und sich das überschäumende Glücksgefühl einstellt?
Und doch - geschafft ist geschafft und das kann mir nichts und niemand mehr nehmen.

Ich fahre nun jedenfalls gleich mit der S-Bahn zu Freunden, verspreche, heute oder morgen noch ein paar abschließenden Gedanken zu veröffentlichen und verabschiede mich schon jetzt von allen treuen und untreuen Lesern mit einem: „Allzeit gut Fuß“

Länge Auf Ab
22.7 km 186 Hm 234 Hm


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