Fuchskaute (bzw. Herborn), 01.07.2020
Nach einer nicht ganz optimalen Nacht im winzigen Zimmerchen weiß ich nun ganz bestimmt, dass ich keine Techno-Musik mag. Irgendeiner der Nachbarn aber schon. Nicht zu laut, aber nachts um 3 Uhr reicht auch leise Musik, um zu stören. Dafür klingelt dann (von jemand anders?) um 5 Uhr der Wecker. Das Kopfsteinpflaster vor dem offenen Fenster tut sein übriges.
Da es nicht nur kein Bad/WC im Zimmer, sondern auch insgesamt kein Frühstück gibt, plane ich, beim Bäcker auf dem Weg zur Bushaltestelle meinen Tagesbedarf einzukaufen. Dumm nur, dass der erst um 9 Uhr öffnet, mein Bus aber deutlich früher fährt. Dank ungeplanter Jogging-Einlage zum 600m entfernten EDEKA erreiche ich den (Schul-)Bus noch knapp und kann heute schon nassgeschwitzt in die Wanderung starten.
Die Fahrt kostet mich 1 Stunde, dank Job-Ticket jedoch kein Geld. 😀
Das Strecken-Wandergefühl bleibt hierdurch allerdings auch auf der Strecke. Was soll‘s - es ließ sich für mich nicht anders lösen.
Was mich sehr überrascht, ist, dass die Kinder in dem Bus aus Herborn mit 20-tausend Einwohnern zur Westerwaldschule nach Driedorf (5-tausend Einwohner) pendeln. Egal - jetzt geht es zur Fuchskaute.
Die Fuchskaute ist mit ihren 657m der höchste Berg des Westerwalds und liegt auf der Grenze von Hessen und Rheinland-Pfalz.
Kurz nachdem ich an einem Bioland-Bauernhof vorbei gewandert bin, kommt von hinten ein junger Bursche und „warnt“ mich, dass gleich die Kühe kämen. Wir kommen ins Gespräch und er schiebt sein Moped neben mir bis auf die frische Weide, die heute auf dem Speiseplan der gut hundert Kühe steht. Er erzählt und zeigt mir stolz die Reihe Bäume, die er voriges Jahr gepflanzt hat. Nicht des Ertrags willens, sondern wegen der alten Apfelsorten und für die schöne Landschaft. Dieses Gespräch erdet mich und macht mich richtig glücklich; wie zufrieden und naturverbunden er wirkt. Nach einiger Zeit ruft dann doch der Weg und wir wünschen uns alles Gute - heute ist es mehr als eine reine Floskel.
Beschwingt und auf schönen Waldwegen geht es nun nach Weißenberg. Dort ist Schluss mit "schön" und stattdessen Teerstrasse angesagt. Einziger Trost: der Rothaarsteig verläuft hier ebenso blöd.
Etwas später erreiche ich das Industriegebiet am Siegerland Flughafen inklusive Biomassekraftwerk. Es wird nicht in meine Top zehn der Wanderhöhepunkte aufgenommen. Die folgende Straßenquerung und das Stück auf der Landstrasse auch nicht. Ich bin froh, als der Weg in das nächste Dörflein abbiegt.
Wenig später mache ich Mittagsrast. Es gibt die heute morgen hart erkämpften Brötchen, welche ich selbst mit Käse belege. Zu oft hatte ich die letzten Tage Remouladenbrötchen mit etwas Käse. Wem schmeckt so etwas? Warum muss da am letzten Fitzelchen Käse gegeizt werden? Und an der Käsequalität sowieso. Billigster Gouda oder gleich Analog-Käse? Überall wird digitalisiert, aber der Käse wird analog. Verrückt!
Vorbei am schönen NSG Mückenwiese geht es weiter zu den Trödelsteinen. Passt thematisch richtig gut, denn sehr schnell bin ich heute wirklich nicht unterwegs. Die Zeit für das Gipfelkreuz und das Gipfelbuch nehme ich mir dennoch. Ab dort geht es auf breiter Schotterpiste weiter. Bei dem Walstück mit der „alle tot“-Markierung und zugehöriger Erklärung (siehe Bilder) meine ich, die Verzweiflung des Försters spüren zu können. Es ist schlimm - und durch den Klimawandel wird es nicht besser!
Am Hohenseelbachkopf fängt es an zu regnen, also packe ich den Schirm aus und so bleibt es auch bis Herdorf. Eine Kugel Eis geht auch mit Schirm und ich dann gleich ins Hotel. Moment - Nicht Hotel, sondern "Gasthof Haus Schneider", d.h. mintgrüne Keramik im Bad und Kiefernmöbel.
Für meinen Geschmack war der Weg heute nach der Fuchskaute viel zu eintönig, zu breit und zu viel Teer. Ich freue mich auf morgen, auch wenn ich wegen der Länge und der Höhenmeter etwas Bammel habe.
Länge | Auf | Ab |
---|---|---|
25.7 km | 241 Hm | 591 Hm |