Odeceixe, 19.04.2024

Das Haus war super hellhörig und dennoch habe ich eine erholsame Nacht verbracht. Eigentlich könnte das Appartement richtig schön sein, wären da nicht die abgewohnten, alten Möbel und vor allem der seltsame, unangenehm muffige Geruch, der den Küchenmöbeln zu entströmen scheint. Und dunkelbraune, raue Handtücher sind irgendwie auch nicht so ganz mein Ding.
Am zentralen Platz in Odeceixe ist ein Café bereits geöffnet und serviert Frühstück, was ich sehr genieße. Während dessen unterhalte mich mit zwei mir inzwischen bekannten Wanderinnen, die hier ihrer Wanderung beenden und heute in Odeceixe ihren Ruhetag haben. Ihre Begeisterung darüber hält sich verständlicherweise in Grenzen. Nachdem ich mitbekomme, was Reiseveranstalter so zusammenbuchen, bin ich darin bestärkt, solche Wanderungen auch weiterhin selbst zu organisieren. Dann bin ich zumindest selbst verantwortlich, wenn etwas nicht passt, oder mir eine Unterkunft nicht gefällt.

Deutlich nach 10 Uhr ziehe ich los und unter grauem Himmel folge ich der Straße zum Strand an der Flussmündung. Zum Glück geht es bergauf, sodass ich schon bald den Pulli ausziehen kann. Am Strand befinden sich schon einige Surfer in den Wellen, auch wenn das Wetter weniger strahlend ist, doch das Wasser ist ja genauso warm wie sonst. Oder kalt. Zum Glück gibt es Neopren.

In Odeceixe habe ich übrigens die Region Alenteijo Litoral verlassen und befinde mich nun bis zum Ende der Wanderung in der Region Algarve.
Nachdem ich bis hierher auf der Fahrstraße gegangen bin, darf ich nun wieder auf einem sandigen Pfad hoch über dem Meer den Klippen entlang wandern und genieße es sehr.

Nach einiger Zeit ist es so weit, vom Meer Abschied zu nehmen, denn ich verlasse jetzt die Küste in Richtung meines im Landesinneren liegenden Tagesziels Aljezur.

Da der Weg nun einfach zu begehen ist und ich nicht an jeder einzelnen der schönen Watsonia (Schwertlilie) am Wegesrand stehen bleiben muss, um sie zu fotografieren, erreiche ich das Restaurant in Rogil schon gegen 14 Uhr. Mangels Rastplätzen bin ich bis hierher pausenlos durchgelaufen und merke, wie gut es tut, mich einen Moment hinzusetzen.

Ich kehre im Restaurant ein und als ich die riesigen Garnelen sehe, die an den Nachbartisch getragen werden, ärgere ich mich über meine Essenswahl. Nicht weil es vegetarisch ist, sondern weil es einfach nicht gut gemacht ist. Das Stück Kuchen, das mich versöhnlich stimmen soll, ist auch nur „na ja“.

Die restlichen 8 km nach Aljezur sollen eintönig sein und der Wanderführer empfiehlt tatsächlich, diese in 10 Minuten mit dem Bus zurückzulegen. Sonderbar.

Obwohl an der Hauptstraße in Reichweite - zumindest meiner Reichweite - reife Mandarinen hängen, kaufe ich mir ganz offiziell eine im Supermarkt. Sie schmeckt vorzüglich und versöhnt mich.
Gleich neben dem Supermarkt habe ich auch ein Schild gesehen, das mich darauf aufmerksam macht, dass ich hier auf dem E9 wandere. Dies wird bis zum Kap São Vicente bei Sagres, welches Europas Südwestspitze darstellt, noch häufiger der Fall sein. Der E9 ist zwar noch nicht vollständig ausgebaut, führt jedoch entlang der Küste des Atlantiks, sowie der Nord- und Ostsee nach Estland und ist mir zwischen Hamburg/Lübeck bei meiner E1-Wanderung auch schon unabsichtlich unter die Füße gekommen. Starte ich hier gerade ungeplant ein neues Wanderprojekt? Mir gefällt es hier nämlich richtig gut und es muss ja nicht gleich der ganze Weg bis Estland sein, ein paar tausend Kilometer durch Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande und Deutschland wären ja schon ein guter Anfang …
Bei meinem Verdauungsspaziergang nach Aljezur kann ich ja ein bisschen darüber nachdenken.
Bemerkenswert finde ich übrigens, dass auf den Kuhweiden, neben denen ich jetzt entlang marschiere, die Kälbchen noch bei ihren Müttern stehen. Und den als eintönig beschriebenen Weg empfinde ich als schöne, beruhigende Abwechslung und genieße die weitläufige Landschaft. So können sich Geschmäcker unterscheiden.

Aljezur besteht seit dem Erdbeben von 1755 aus zwei Teilen. Dem alten, auf dem Hügel liegenden Teil und dem damals neuen, im Tal befindlichen Stadtteil, der gegründet wurde, um die Bevölkerung bis zum Wiederaufbau umzusiedeln. Heute ist der neue Teil deutlich größer und such wesentlich bequemer zu erreichen.
Da ich noch nicht völlig K.O. bin, gönne ich mir sogar noch den optionalen Anstieg zum alten Kastell, welches ganz oben auf dem Hügel thront. Von hier habe ich eine hervorragende Rundumsicht und im steilen Abstieg gibt es die Altstadtführung quasi als Bonus dazu.

Da mein Magen immer stärker rebelliert, checke ich ganz schnell in das Hostel ein und beziehe mein Zimmer. Dieses ist für 4 Personen geeignet - 2 im Stockbett und 2 im Doppelbett mit getrennten Matratzen. Alles für mich alleine, inklusive WC und Dusche mit Blick über Aljezur.
Im riesigen Supermarkt im neuen Stadtteil kaufe ich eine Art Vollkornzwieback, Bananen, ein Stück Hartkäse, Bier, Cola und Wasser. Mein Magen darf nachher entscheiden, was und wie viel davon er haben möchte. Den Abend verbringe ich mit meinem Buch im Zimmer und bin damit ganz zufrieden.

Länge Auf Ab
25.7 km 269 Hm 250 Hm


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