Hermannsburg, 01.09.2024
Die Nacht über war es extrem ruhig und ich habe in dem bequemen Bett gut geschlafen. Da ich heute nur eine Mini-Etappe vor mir habe, lasse ich mir ungewöhnlich viel Zeit mit dem Aufstehen.
Durch ein Wohngebiet wandere ich in Richtung Zentrum. Ruhe pur. Dorfidylle. Es scheint, als sei hier die Zeit stehen geblieben und „die Welt noch in Ordnung“. Und doch möchte ich hier nicht leben, denn das wäre mir zu ruhig.
Bei einer Bäckerei im Ortszentrum genieße ich es, mein Frühstück an der frischen Luft einnehmen zu können. Ich lasse mir sehr viel Zeit und wandere dann durch den Park entlang der Örtze nach Norden. Heute strahlt die Sonne warm vom wolkenlosen Himmel, sodass ich meine Sonnenbrille und meine portugiesische Sonnencreme zum Einsatz bringe. Vorbei an prächtigen Landhäusern verlasse ich Hermannsburg. Es ist Mittag. Alles wirkt wie ausgestorben.
Auf der Örtze herrscht reger Kanu-Verkehr, verbunden mit entsprechender Geräuschkulisse. Da man sich anscheinen auf „hoher See“ befindet, muss man wohl richtig laut brüllen, damit die Person, die 1,50 m vor einem im Kanu sitzt, einen auch verstehen kann. Manche haben zudem Angst, dass es auf dem ruhigen Fluss zu idyllisch werden könnte, und deshalb sicherheitshalber laut aufgedrehte Boom-Boxen dabei. Als mein Weg abknickt und in den ruhigen Wald verschwindet, vermisse ich nichts.
Nach einer geraumen Weile biegt der E1 nun auf einen schmalen Pfad ab. Hier fahren auch keine Radfahrer mehr und vereinzelt höre ich sogar Vögel zwitschern. Es kann so schön sein.
Auf einer Bank lege ich mich auf den Rücken, schaue in die Baumwipfel und entspanne. Das tut gut.
Nach ein paar Minuten springt ein Eichhörnchen von Baum zu Baum - auch direkt über mir. Völlig gelassen und ungestört gibt es lustig keckernde Geräusche von sich und springt ohne Hast von Ast zu Ast. Daran teilhaben zu können und solche Momente hautnah zu erleben, empfinde ich als Geschenk.
In der Nähe einer ausgeprägten und von einer Familie benutzten Badestelle in der Örtze, steht ein großes Gebäude im Wald. Ist das etwa die JuHe, in der ich letztes Mal übernachten wollte? Ein Blick auf die Karte lässt mein Herz hüpfen. Ich mache also einen kleinen Abstecher und genieße schon kurz darauf einen Kaffee auf einer schattigen Bank in völliger Ruhe, denn hier ist niemand. Genau genommen sind es sogar 2 richtig leckere Latte Macchiato, denn der Automat kann zwar guten Kaffee bereiten, doch nicht wechseln. Das gefällt mir.
Ich gehe weiter und erreiche schon bald Müden. Da ich noch gar keine müden Füße habe, beschließe ich, einen kleinen Abstecher zum Heidesee zu machen. Gedankt wird mir dies durch eine Wassertretstelle an einer Mühle. Toll. Prinzipiell wäre es hier wunderschön, doch sind hier so nervige Menschen, dass ich den Aufenthalt kurz gestalte. Den Füßen hat das kühle Nass der Örtze dennoch sehr gut gefallen.
Der Weg durch Müden führt mir nicht nur zur schönen Kirche, sondern auch entlang interessanter alter Häuser.
Ich führe noch ein nettes Gespräch mit einer Eingeborenen, die ihren Rollator den Weg entlang schiebt - denn aus den Augenwinkeln hatte sie mich mit einem der hier leider immer öfter auftretenden, rücksichtslosen Radfahrer verwechselt.
Ich kann mitfühlen. Und nein - es sind oft keine jungen Menschen, die besonders negativ auffallen.
Und schwups, erreiche ich auch schon die Unterkunft des Tages, das Landhaus Müden. Es ist 17 Uhr und irgendwie fühlt es sich wie ein Ruhetag an.
Der Check-in verläuft etwas holprig und das kleine Appartement ist schön und stilvoll eingerichtet, sodass ich mich darin wohlfühle. Willkommen fühle ich mich hingegen (noch) nicht. Vielleicht ändert sich das beim Abendessen, welches ich im Restaurant einnehmen werde.
Zum Abendessen gab es gebratenes Gemüse mit Pommes und Salat. Mal was anderes und genau richtig für mich. Die Dame im Service ist zwar etwas merkwürdig, doch nicht unfreundlich, sondern überarbeitet. Sie schmeißt den Laden nämlich alleine und als sie nach vier Stunden zu ihrer ersten Zigarette kommt, wird sie deutlich entspannter. Ich genieße den lauen Abend in der Gartenwirtschaft, obwohl es schnell frisch wird. Wie viele es davon dieses Jahr noch geben wird?
Fazit: Wenig gewandert - viel entspannt. Bereit für die lange Etappe morgen.
Länge | Auf | Ab |
---|---|---|
12 km | 39 Hm | 36 Hm |