Alte, 22.04.2025

Mein gestriges Abendessen war weder ein kulturelles noch ein kulinarisches Highlight, hat mir aber eine hervorragende Nachtruhe beschert. Und da es erst ab 8:30 Uhr Frühstück gibt, kann ich die Zeit im bequemen Doppelbett ausgiebig genießen.

Ich bin der erste Gast im Frühstücksraum, werde von der mir bekannten Mitdreißigerin empfangen und genieße das Buffet mit viel Obst und sogar frischem Gemüse. Ich weiß nicht genau, wie ich es angestellt habe, doch plötzlich stehen wir in ein sehr interessantes Gespräch verwickelt vor dem Buffet, bei dem ich nicht nur erfahre, dass sie als kleines Kind aus der Ukraine nach Portugal gekommen ist, sondern auch ganz viel über ihr Leben hier in den Bergen. Sie bezeichnet es tatsächlich so und scheint zu wissen, wovon sie spricht, denn sie hat auch lange in anderen Regionen der Algarve gelebt.
Wäre nicht um halb zehn ein junges Pärchen gekommen – das sein Frühstück komplett schweigend absolviert –, stünde ich vielleicht immer noch dort.
Begegnungen und Austausch dieser Art hatte ich in diesem Urlaub noch (viel zu) wenige.

Es ist schon 10:30 Uhr, als ich losgehe, mir noch schnell ein Wasser besorge und dann das wirklich schöne Bergdorf mit vielen Ateliers für Kunsthandwerk verlasse. Dabei stoße ich auf einen Wanderer, der drei Tagesetappen nördlich von Alcoutim gestartet ist und im Zelt übernachtet. Ihm gelüstet es nach einem Kaffee, und mir ist gerade (auch) nicht nach Wanderbegleitung. Wir wünschen uns einen schönen Tag – und vielleicht sehen wir uns unterwegs ja noch einmal.

Heute verspricht ein trockener, warmer und traumhafter Wandertag zu werden. Im Moment darf ich sogar aussichtsreich auf einem schönen, schmalen Pfad durch die Natur wandern. Meine Blase ist verheilt und mir tut auch sonst gerade nichts weh. Mir fehlt es an nichts – und ich bemerke, dass ich glücklich bin.

Am späten Vormittag komme ich in den kleinen Ort Torre, der aus vielleicht 20, 30 schönen, getünchten Häusern besteht. Bei einer kleinen Werkstatt, die Holzspielzeug in Handarbeit herstellt, schaue ich hinein und treffe in einem großen Raum, der kaum Werkzeug enthält, auf drei Frauen.
Obwohl mein Französisch nie überragend war und inzwischen sehr eingerostet ist, freue ich mich enorm, dass eine davon die Sprache spricht und wir uns zumindest rudimentär verständigen können. Das tut gut.

Vorbei an mehreren Villen mit extrem schön gepflegten Gärten erreiche ich eine Fahrstraße, auf der ich mich der nun zu unterquerenden Autobahn A2 nähere, die hier auf einer Brücke über das Tal verläuft.
Bei einer kleinen Tankstelle setze ich mich an eines der Tischchen, um Mittag zu machen. Dazu gönne ich mir einen Kaffee (unglaubliche 0,80 €), bevor ich weiterwandere, die Autobahn unterquere und endlich wieder in der Stille der ebenen Kulturlandschaft verschwinde.
Vorbei geht es an einigen Gewächshäusern und nicht eingezäunten Orangenbäumen. An einem Baum fällt eine Frucht gerade in dem Moment herab, als ich meine Hand darunter halte, und ruft „vernasch mich!“ – genau so, oder mindestens sehr ähnlich ist es passiert. Die Orange ist vollreif, sehr saftig und unglaublich süß. Unter Umständen ist das die leckerste Orange, die ich je hatte.

5 km vor Messines muss ich mich entscheiden, ob ich der Original-Route folgen möchte oder die vom lokalen Reiseveranstalter vorgeschlagene Umgehung nehme, weil das Gebiet angeblich überschwemmt ist bzw. war.
Da ich meine trockenen Schuhe gerade sehr mag und mir eher nach Ankommen als nach Abenteuer zumute ist, wähle ich die Umgehung.
Als ich bei einer großen Obstfabrik wieder auf den Weg stoße, liegt mein Tagesziel auf dem Hügel vor mir. Nun darf ich noch einen Schlenker wandern, der mir nicht nur zusätzliche Wegstrecke, sondern auch ganz wunderbare Weitblicke in die Landschaft beschert.

Messines ist die erste größere Stadt auf der Via Algarviana – und doch ist sie vom Tourismus weitestgehend verschont geblieben.
Von der Kapelle auf dem Hügel außerhalb genieße ich noch einen Moment den Ausblick, bevor ich mich ins Zentrum begebe.

Meine Unterkunft liegt sehr verkehrsgünstig neben der Kirche – also direkt an der engen Straße durch die Altstadt. Von meinem etwa 40 cm breiten Balkon kann ich wunderbar den Verkehr und das Treiben beobachten.

Ich setze mich erst einmal einen Moment auf mein Bett und bemerke einige Dinge gleichzeitig:
• Ich habe heute viel zu wenig getrunken und mir ist etwas schummrig.
• Auf den Waden habe ich Sonnenbrand, denn sinnigerweise habe ich diese an jedem Regentag eingecremt und war heute früh der Meinung, dass das jetzt nicht mehr nötig sei.
• Die letzten Unterkünfte lagen traumhaft ruhig.
• Mein Laminat in meiner Mietwohnung ist doch ganz okay verlegt.
• Mir fallen die Augen zu.

Ich dusche, wasche das Nötigste und kaufe viel Wasser für morgen, da es unterwegs keine Möglichkeit zum Nachtanken gibt und 8 Stunden Wanderzeit veranschlagt sind.

Länge Auf Ab
20.4 km 345 Hm 400 Hm


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