Carrapateira, 23.04.2024

Der gestrige Abend wurde noch etwas länger, denn nach dem Abendessen traf ich mich noch mit der Freiburger Wanderin, um gemeinsam auszutesten, ob der Portwein in der Bar der Einheimischen gut ist. Zum Glück schließt die Bar nicht wie das Restaurant schon um 21:30 Uhr, sodass es kurz vor Dienstag war, als wir herausgekehrt wurden. Unterhaltsam und lustig war’s - der Port ist also gut.

Nachdem ich heute wieder auf meinem Balkon gefrühstückt habe, nehme ich den mir von gestern bekannten Weg zum Meer.
An der Strandbar gibt es wunderbare Schattenplätze und da ich schon 1/5 der Tagesetappe geschafft habe, muss ich unbedingt Pause machen und genießen. Dabei kann ich gut Surf- und SUP-Schülern am Strand zuschauen. Mit dem SUP Wellen zu reiten finde ich schon sehr speziell.

Ich spaziere den langen Strand entlang, steige am Ende den Hügel hinauf, um kurz darauf steil zu einem kleinen, wenig besuchten Strand hinabzusteigen. Heute schon die zweite Möglichkeit, an der man eigentlich baden müsste, weil es so schön ist. Ich wandere dennoch weiter, denn ich habe mir einen noch kleineren, noch abgelegeneren Strand gegoogelt, der nur wenig abseits des Fischerpfads liegen soll und definitiv nur zu Fuß erreichbar ist. Dorthin sind es noch 3 km. Das sollte ich schaffen.

Heute ist die Sicht zur Abwechslung mal richtig klar, sodass ich nicht nur sehen kann, woher ich komme, sondern auch viele Kilometer die Küste entlang schauen kann. Ich kann mich einfach nicht satt sehen – so schön ist es.

Als ich an dem von mir ausgesuchten Strand ankomme, ist die Enttäuschung groß, denn der „Strand“ entpuppt sich als Ufer mit tennis- bis fußballgroßen, rundgeschliffenen Steinen. Weder möchte ich über diese ins Wasser steigen, noch mir diese von der Brandung gegen die Knöchel rollen lassen. „Rolling Stones“ in unangenehm. Dass an Land eine Sanddüne ist, hilft mir nicht weiter. Ich frage mich nur, wie die Bilder und Bewertungen auf Google Maps entstanden sind. Auch am nur wenige Meter daneben liegenden Nachbarstrand sieht es gleich aus. Immerhin gibt es hier genügend Felsen, auf denen ich Mittagspause machen kann, ohne einen sandigen Popo zu bekommen.

Weiter geht es durch die felsige Landschaft, die - blendet man das Meer aus und schaut bei der Botanik nicht so genau hin - auch in den Dolomiten sein könnte. Auf solchen steinigen Pfaden bergauf zu wandern macht mir unglaublichen Spaß.

Unterwegs treffe ich auf eine Niederländerin, die ihren Schatten mit sich trägt (Schirm) und die meiste Zeit wild übernachtet. Heute zwingt sie Wasserarmut, noch bis hinter Vila do Bispo zu gehen. Ihre Begeisterung darüber hält sich in Grenzen.
5 km vor dem Ort trennen sich unsere Wege, denn ich mache jetzt 2 km Abstecher zu einem Natur-Strand, den ich auf meiner Karte entdeckt habe, denn es kann ja gar nicht angehen, dass ich heute nicht mehr ins Wasser komme. Ich bin so dankbar, dass es mir gut geht und ich dieses Extra Stück Weg ganz einfach wegstecken sollte.

Ich erreiche das Ende der Straße. Das Meer ist da, der Sandstrand ist da und ich bin auch da. Sonst kein Mensch. Nur noch 110 m trennen uns. Yippieh!
Oder doch nicht? Denn es sind 110 Höhenmeter. Die Hälfte kann ich noch auf einer Art Pfad absteigen. Dann geht es nach rechts in eine Schlucht. Pfadspuren sind noch zu erkennen - oder doch nur Erosion? In einer Rinne weiter unten hängen Reste eines Seils, doch kein Weg, kein Nichts. Nach meinem Dafürhalten kann hier in jüngster Vergangenheit niemand heruntergegangen sein. Vielleicht gab es früher mal einen Weg, der einem Erdrutsch oder der Erosion zum Opfer gefallen ist. Die Küste ist hier in ständiger Bewegung.
Vielleicht bedeutet „praia naturista“ auch nur Naturstrand, aber nicht, dass man auch dorthin gelangt. Oder nur mit Boot? Jetzt bemerke ich auch, dass bei genauerer Betrachtung meiner Karte gar keinen Weg zum Strand hinab eingezeichnet war. Na ja - Immerhin habe ich so eine Stelle Portugals gesehen, die mir sonst entgangen wäre.

Ich habe jetzt auf jeden Fall für heute die Nase voll von der Suche nach Badestellen und gehe den Weg zur Abzweigung zurück. Wenige Meter nach der Abzweigung biegt an einem Schild der historische Weg zu einem Strand in 2 km ab. Das ist ja zum aus der Haut fahren!

Ich nehme das Schild als Zeichen und stiefele los. Es ist erst 15:30 Uhr, ich bin 14 km gewandert, der Ort ist 5 km von hier entfernt und ich habe gerade von meiner Unterkunft eine Nachricht erhalten, dass ich mir meinen Schlüssel per Code holen kann und daher nicht bis zu einer bestimmten Zeit eingecheckt sein muss. Letzter Anlauf!

Zum Strand von Barriga gelangt man auch mit dem Auto. Schon aus der Ferne wundere ich mich über die vielen Kleintransporter und Lastwagen in der Zufahrt. Dann ist der Weg mit Pylonen abgesperrt, von denen ich mich lieber nicht irritieren lasse. Ein paar Leute kommen mir mit Möbelkoffern und großen Taschen entgegen und mustern mich irritiert, sagen aber kein Wort.
Dicht an der Wasserlinie sehe ich dann ein etwa 30-köpfiges Team, das Filmaufnahmen zu machen scheint, und einen Esel. Sonst ist niemand da.
Ich wähle daher die andere Seite des Strands, ziehe sicherheitshalber eine Badehose an und werfe mich in die heftigen Wellen. Nach all den Irrungen und Anstrengungen habe ich mir das verdient.

Über breite, einfach zu gehende Feldwege geht es nun ins Landesinnere und am Schluss parallel entlang der Hauptstraße nach Vila do Bispo. Mittels Schlüsseltresor checke ich in mein riesiges Appartement mit insgesamt 5 Betten ein. Der Ort wirkt auf mich irgendwie abweisend, und außer einem Restaurant am Platz neben der Kirche sehe ich nichts, was geöffnet wäre. Zum Einkaufen gibt es nur LIDL und ALDI - keiner der sonst üblichen Mini-Markets. Nicht wirklich das, wonach mir der Sinn steht und alleine im wenig verlockend aussehenden Restaurant essen zu gehen, habe ich keine Lust. Die Freiburger Wanderin wohnt ein paar Kilometer außerhalb, also gehe ich erstmal zu ALDI, um Wasser zu kaufen und weiterzusehen.
Im Eingang dann die große Überraschung und Freude. Sie ist von ihrer Ranch in die Stadt gefahren worden und hätte jetzt Lust, etwas zu trinken. Und ich auch. Daraus ergibt sich dann ein schönes, gemeinsames Abendessen mit gutem Gespräch, was noch länger gedauert hätte, wenn sie nicht noch zurück auf ihre Ranch laufen müsste.
Also bringe sie schnell zum richtigen Weg am anderen Dorfende und inzwischen ist es schon richtig kalt, windig und schon sehr dämmerig. Das wird ein schneller Heimweg werden.

Da ich jetzt eh wieder bei ALDI bin, kaufe ich noch schnell Wasser für die Nacht. Ich stecke immer noch in meinen Wanderklamotten und bin ungeduscht und mir ist es egal. Daher kann ich jetzt auch noch einen Galāo trinken gehen.

Fazit: Ein schöner Tag voller Überraschungen.

Länge Auf Ab
23.6 km 546 Hm 483 Hm


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