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Fribourg/Schwarzenburg, 09.06.2021

Da ich gestern Abend sehr früh eingeschlafen bin, (ob es wohl am Rest Suure Most lag?) bin ich heute Morgen auch schon sehr früh sehr wach. Es ist also gar kein Problem, den Bus um 7:12 Uhr zu nehmen. Dieser fährt durch all die Dörfer, durch die ich gestern gewandert bin. Das ist richtig schön.

Um viertel vor acht wandere ich in Schwarzenburg los. Die Wolken hängen noch tief – keine Berge in Sicht. Schon bald darf ich durch hüfthohes, nasses Gras wandern. Das ist sehr erfrischend.

In Schönentannen überquere ich die Straße bei einer fast nicht erkennbaren mobilen Radaranlage und ziehe meinen Poncho über, da es seit ein paar Minuten nieselt. Zwar nicht stark, aber es gilt ja: „wenn nass, dann nass”. Nach 5 Minuten ist‘s schon wieder vorbei.

Nun trennt sich mal wieder der Alpenpanoramaweg von der Via Jacobi bis Rüeggisberg. Er verläuft vielleicht auf etwas schönerem Weg, aber „Alpenpanorama“ ist heute sowieso Mogelpackung. Null Sicht! Ich bleibe also auf der Via Jacobi. Hier durch die Ruhe zu wandern ist auch ohne Sicht schön. Und das nicht nur relativ zu dem was ich sonst Mittwoch morgens um halb neun mache, sondern absolut.

Ich wandere an einer Schafherde vorbei, die durch Herdenschutzhunde bewacht werden. Diese haben mich zuerst entdeckt. Ich glaube, hier möchte ich kein Wolf oder Schafdieb sein.

An einem Hof gibt es einen Hofladen auf Vertrauensbasis. Mit Brot, Marmeladen, Keksen und vielen anderen leckeren Dingen. Ausnahmsweise bedauere ich es, dass ich noch Proviant dabei habe. Leider kann man das im Voraus nicht wissen. Es soll laut Schild auch ein B&B geben. Ich frage mich nur, wie man das finden soll, denn weder google, noch booking noch die bekannteste Seite bnb.ch weiß etwas davon. Vielleicht ein Tourismus-Verband? Das macht Planen so unglaublich aufwändig. Oder muss man da echt ad-hoc ungeplant vorbeistolpern? Ich verstehe das nicht.

Ein wunderschöner Pfad bringt mich (erst schlammig, dann über rutschige Holzstufen) hinab ins Sense-Schwarzwasser-Naturschutzgebiet. Heute bin ich erstmals froh um die hohen Wanderschuhe. Schön ist es, hier entlang der Schwarzwasser zu wandern.

In Wilisau bemühe ich den Wasserhahn einer Tankstelle (heute noch keine Brunnen) und packe den Poncho weg. Inzwischen blinzelt vereinzelt sogar die Sonne durch die Wolkendecke. Mitten durch eine Schafweide mit Schafen geht es auf einem Pfad hinauf. Die Schafe wurden gerade gefüttert und sind daher nicht sehr an mir interessiert, sodass ich problemlos direkt an ihnen vorbeiwandern kann. Das ist jetzt echtes Genusswandern!

Auf einem schmalen Pfad wandere ich entlang eines Bächleins nach Rüeggisberg hinauf. Es stellt sich heraus, dass dies ein „Alter Klosterweg“ (1533 erwähnt) ist. Schön und schön anstrengend!

Beim Kloster (konkret: Cluniazenserpriorat) mache ich Rast. Von hier aus gäbe es tolle Gipfelsicht - wenn die Wolken nicht wären. Ich will nicht jammern und bin dankbar für das trockene und warme Wetter.

In Mättewil trennt sich nun der Jakobsweg Richtung Bern. Ich hingegen gehe in Richtung Thun weiter. In der Ferne kann ich den Thunersee erspähen. Jedoch keine Berge.

Eine Stunde vor Wattenwil ziehen sehr dunkle Wolken auf. Das gefällt mir gar nicht!

Der Abstieg nach Wattenwil auf steiler Teerstraße geht ganz schön in die Beine. Weiter geht‘s entlang der rauschenden Gurbe nach Längenbühl. Beeindruckend sind die massiven Verbauungen für Hochwasser/Extremwasser.

Es fängt an zu tröpfeln, also ziehe ich den Poncho an, um ihn nach 10 Minute wieder abzustreifen.  Das Ziel kommt näher - die dunkle Wolke auch. 2 kräftige Donnerschläge - klingt nach Gewitterregen - nur noch 1km zu gehen.

Ich erreiche das Hotel - trocken!!

Wieder einmal bin ich ohne nennenswerte Feuchtigkeit von oben durchgekommen, obwohl vor und neben mir deutlich sichtbar richtige Schauer niedergegangen sind.

Nun folgt Wasserkocher - Episode 2. Die Schweizer Lösung (Episode 1 war die indische Lösung). Als ich dem Herrn, bei dem ich eingecheckt habe, sage, dass ich den Wasserkocher nicht gefunden habe, bedankt er sich mehrfach und meint, er würde sich kümmern. Keine 10 Minuten später klopft es an der Tür und mehrfach bedankend überreicht er einen Kocher und sagt mir sogar, dass am Ende des Flurs auch noch „Teebeuteli und Zucker“ seien. Respekt!

(Ohne Kocher wäre es halt echt doof gewesen, zumal ich mir extra noch eine kleine Mich dafür mitgebracht habe und mich auf meine Nachmittags-Teestunde freue).

Etwa 20 Minuten nach meiner Ankunft kommt auch der Regen an. Es regnet bis zum frühen Abend, teilweise stark und mit Donnergrollen in der Ferne. Hat es sich also mal wieder gelohnt, früh aufzustehen!

Am Abend schmeiße ich mich in Schale, was bedeutet, dass ich meine zweite Garnitur Wäsche anziehe, die ich bisher nur spazieren getragen habe. Ich diniere auf der geschützten Terrasse. Salat und Veggi-Rösti. Super lecker!

Hinzu kommt, dass sich die Wolken zeitweise lichten und sogar der Niesen (für mich mit Kindheit verbunden) zu sehen ist.

Für morgen plane ich eine Morgen-Meditation ein, denn es gibt erst um 8 Uhr Frühstück.

Fazit: Der frühe Vogel fängt nicht nur den Wurm, sondern ist auch schon wieder im Nest, wenn der Regen kommt.

 

Länge Auf Ab
25.1 km 476 Hm 614 Hm