Amlikon-Bissegg, 20.06.2021
Die Nacht in der „Alten Post“ ist sehr heiß und nur dank des Ventilators erträglich. Es muss auch etwas geregnet haben, denn am Morgen ist alles nass und es ist etwas kühler. Frau Zurbuchen präsentiert ein reichhaltiges Frühstück in ihrem Wohnhaus und ist sehr nett. Ich lerne auch den „Radler“ Samuel kennen, der irgendwann nachts in dem anderen Zimmer eingecheckt ist. Ein toller Kerl aus Lausanne, mit dem ich mich auch gerne noch länger unterhalten hätte. Gute Gespräche sind sowieso etwas, was mir die letzten Tage abgegangen ist. Aber auch so ist es schon zehn Uhr, als ich losgehe.
Über Nebenstraßen und Feldwege erreiche ich Affeltrangen. Dort freue ich mich gemeinsam mit ein paar Kälbchen über einen Brunnen mit frischem Wasser. Ich darf weiterziehen, die süßen Kälbchen müssen bleiben.
Da es heute bedeckt ist, sticht die Sonne nicht so sehr wie die letzten Tage.
Von Münchwilen aus kann ich das Hörnli sehen. Den Berg, den es morgen zu überschreiten gilt und der in jedem Beschrieb explizit erwähnt wird. Allein, mir fehlt die Ehrfurcht. Noch.
An vielen Bauernhöfen bin ich heute schon vorbeigekommen und viele Kühe habe ich gesehen. Immer nur im Stall. Nie auf der Weide. Ist das, weil Sonntag ist? Sind das die glücklichen Thurgauer Kühe? Ich verstehe das nicht.
In Münchwiler geht es entlang der Murg (hat nichts mit der schwarzwälder Murg zu tun) nach Sirnach, wo ich endlich am geschlossenen Restaurant Säge unter einer uralten Linde Mittagsrast mache. Leider sieht es gerade nicht so gut aus mit dem Wassernachschub.
Weiter geht es mit viel Teerstraße. Erst kurz vor Oberwangen mal ein Stück Waldweg. Eigentlich nichts besonderes, aber heute schon. Wie sehr freue ich mich über den Brunnen in Oberwangen! Richtig satt trinken und abkühlen vor dem letzten Stück bis Fischingen. Sooo typisch - die ganze Zeit gibt es kein Wasser - und jetzt gleich vier Brunnen in einem Ort.
Auf die letzten paar Kilometer versucht sich der Weg mit mir zu versöhnen - ein schöner Wurzelpfad führt nun auf einen Hügel und wieder hinunter und schon ist Fischingen erreicht. Am Ende des Dorfes thront das Kloster und dahinter ist wieder das Hörnli mit doch über 1000 Metern Höhe zu erblicken.
Mit Glockenschlag 16 Uhr bin ich da. Was sehen meine vertrockneten Augen? Es gibt eine Klosterbrauerei, die sogar noch geöffnet hat. Schnell mal schauen. Wäre ich früher dagewesen, hätte ich auch noch eine Verkostung machen können. Aber da um 16 Uhr geschlossen wird, bleibt mir, einen 4er-Pack gemischtes Gebräu zu erstehen. Der Abend ist noch lang - und wenn ich so in mich reinfühle, bin ich nicht nur leicht dehydriert, sondern definitiv unterhopft. Dem muss entgegengewirkt werden. (Bin gespannt - normalerweise trinke ich nur alkoholfrei. Sind ja zum Glück kleine Fläschchen)
Beim Check-in ins Kloster-Hotel schiebt mir die Dame zum Abschluss den Schlüssel rüber und ich lese „Andreas“ - und staune nicht schlecht. Personalisierte Schlüsselanhänger? Das habe ich ja noch nie gesehen. Sie sagt dann „Sie sind im Zimmer ‚Andreas‘ im zweiten Stock“ und ich lache los…
Sie schaut erst verwundert - blickt dann auf den Anmeldebogen - und dann dämmert es ihr auch. Tja - ist halt prima, wenn man nicht Kevin oder Justin heißt.
Ich finde den Weg durch das riesige Klostergebäude und betrete meine überraschend große Zelle mit eingebautem Nassbereich. Schlicht. Hochwertig. Still. Kühl.
Mangels Alternativen habe ich mich dazu hinreißen lassen, mich auf das 3-Gänge-Menü einbuchen zu lassen. Ich werfe mich also in Schale (Zweitgarnitur) und bemerke, wie ungewohnt sich eine lange Hose anfühlt.
Im Restaurant sind nur drei Gäste und ich kann meinen 3-Gang-Wunsch einfach revidieren und so bekomme ich zu dem leckeren Brot mit Creme einen fabelhaft angemachten gemischten Salat mit Nüssen und Kernen und danach einen mit Gemüse gefüllten Crepe/Wrap mit leckerer Soße. Richtig fein! Den Nachtisch (3. Gang: Obstsalat mit Sorbet) lasse ich zuckerbedingt sehr gerne ausfallen. Während wir essen, geht draußen ein unglaublicher Gewitterregen nieder, der nach zehn Minuten vorbei ist. Kurz darauf kommen vier (deutsche) Tages-Wanderer, die man erwartet, aber inzwischen abgeschrieben hatte, recht verdreckt und teilweise nass rein. Sie waren vom Wetter überrascht worden und mussten sich unterstellen….
Die Ankunft dieser Leute beendet leider das Gespräch, was ich quer durch den Raum mit den beiden anderen Gästen geführt hatte, ein älteres Ehepaar, das aus Luzern kommt und derzeit hier e-Bike fährt.
Nachdem nun die Grundlage für meine Bierverkostung gelegt ist, schreite ich frohen Mutes voran - unter Studium der Bier-Broschüre. Mann ist das kompliziert für jemanden, der bisher nur Weizen und „Normal“ kennt, sowie mit/ohne Alkohol.
Ich merke bald, dass ich mich heillos überschätzt habe und ein Rest übrig bleiben wird. Ich will ja morgen weiterwandern! Egal! Manchmal muss man auch mal was spontan entscheiden. Dauer-Zaudern ist auch Mist.
Fazit:
-Viel gelernt heute!
-Wer gerne ein Kräuter-Entspannungsbad nimmt, sollte mal das Pilgrim Waldbier versuchen. Das schmeckt so. (Nach zwei Schlucken zum Probieren hat das dann nicht „in meine Bauchnabel“ geprickelt, sondern im Ausguss. Schade drum, aber geht für mich gar nicht).
Länge | Auf | Ab |
---|---|---|
24.7 km | 431 Hm | 243 Hm |