Nyon, 02.06.2021
Gestern Abend überraschte mich noch ein Gewitter und ich musste die zum Trocknen auf dem Balkon hängende Wäsche schnell in Sicherheit bringen. Ansonsten verlief die Nacht ruhig und ereignislos. Das Frühstück ist einfach - kommt mir aber sehr entgegen. Müsli, Joghurt und frisches Brot mit Frischkäse sollte mir mehr Energie bringen, als das Croissant und die Scheibe Toast von gestern.
Ob der Wettervorhersage und des grauen Himmels packe ich die Regensachen weiter nach oben in den Rucksack und wandere wieder um kurz nach acht los.
Das Schloss in Pangrins beeindruckt mich nicht zuletzt durch den riesigen, gepflegten Garten.
Mit 16 Grad ist es heute deutlich kühler - dafür aber schwül. Die dunklen Wolken lassen hier und da Sonnenstrahlen durchscheinen, was für extrem stimmungsvolle Aussichten sorgt.
Am Strandbad von Promenthoux sind die Frühschwimmer aktiv. Bei 15,8 Grad Luft- und 14,8 Grad Wassertemperatur definitiv nichts für mich!
Warum es jetzt anfangen muss zu tröpfeln, ist mir unklar. Sicherheitshalber hole ich meinen Poncho heraus und mache diesen einsatzbereit. Da ich diesen seit dem Jakobsweg im Jahre 2012 nicht mehr verwendet habe, darf ich die Technik neu erlernen. Der Trick besteht ja darin, den Poncho so über dem Rucksack zu drapieren, dass man diesen aufsetzen und danach den Poncho über den Kopf ziehen kann. Und wenn es aufhört zu regnen, kann man den Poncho wieder nach hinten werfen. Ich denke, ich werde das bald wieder beherrschen. Nach 5 Minuten hört das Getröpfel auch schon wieder auf.
Nach einem schönen Naturschutz-Waldstück befinde ich mich nach einer Straßenunterquerung auf dem „Sentier des Toblerones“ entlang des Flüsschens Promenthouse. Was süß klingt, hat einen bitterem Hintergrund. Gemeint ist keine Schokolade, sondern die Toblerone-ähnlichen Panzersperren, die hier 1940 als Teil der Promenthouse-Verteidigungslinie gebaut wurden, als Hitler-Deutschland im 2. Weltkrieg begann, neutrale Staaten anzugreifen. Dicht an dicht reihen sich 3000 solcher „Tobleronen“ über 10 km vom Fuss des Jura bis an den Genfersee.
Bald erreiche ich das Industriegebiet von Gland - und wundere mich über die Raffel-Fassade des großen RZ-Betreibers SafeHost. Bei einem portugiesischen Frucht(groß)handel erwerbe ich eine Nektarine und einen Pfirsich. :-) Lecker!
Abwechslungsreich führt mich der Weg nun nach Rolly. Hier gesellen sich normale Wohnhäuser zu Prachtvillen mit fantastischem Blick auf den Genfersee und das Alpenpanorama.
Ich erreiche Bursinel und freue mich darüber, dass es Menschen gibt, die (echte) Pilger unterstützen und ihnen eine Ruhebank und Erfrischung/Obst anbiete. In der Kirche lese ich die Einträge im Pilgerbuch. Tatsächlich gab es schon im Februar/März Pilger, die als Ziel Santiago angegeben haben. Die meisten pilgern jedoch vom Bodensee (Rohrschach) nach Genf. Heute sind mir vermutlich mindestens 2 Paare und 2 Einzelpilger begegnet. Ich vermute das aufgrund der „Ausrüstung“ - richtig sicher bin ich mir nicht, da niemand eine Jakobsmuschel trug.
Interessant ist auch ein Brunnen, der sowohl Trinkwasser wie auch Nicht-Trinkwasser speit.
Ich erreiche Rolle und der Regen, der mich seit Bursinel begleitet, lässt nach. Die Schultern sind nass - der Rest ist trocken geblieben. Ob ich den Poncho vielleicht hätte neu imprägnieren müssen?
Das „Cap Breton“, wo ich aufgrund meiner Internet-Recherche einen herzhaften Crêpe zu Mittag essen wollte, ist leider voll und wegen Covid möchte ich mich auch an keinen Tisch dazusetzen.
Eigentlich habe ich noch ein Stück Brot dabei, sehe aber keine Hoffnung einen überdachten Picknickplatz zu finden (es nieselt nämlich immer noch leicht). Bei einem Döner kann ich überdacht draußen sitzen und eine Kleinigkeit essen. Tut das gut, die Füße mal ausstrecken zu können!
Der Weg zieht sich nun durch die Weinberge und trotz des trüben Wetters ist es schön. Man kann jedoch weder Genf (ca. 35 km) noch Lausanne (ca. 25 km) deutlich erkennen.
In Allaman residiere ich im Schloss. Im Hof befindet sich ein Weinausschank. Ich kann zum Glück auch schon vor 16 Uhr einchecken. Das Zimmer hat nicht nur WLAN mit 208 MBit(!), sondern auch eine Küchenzeile, so dass ich dankend das Frühstücksangebot (für schlappe 14 Franken) ablehne und mich gleich auf den Weg zum Coop mache. Dank Mikrowelle gibt es heute sogar ein warmes Abendessen. (Das argentinische Fleischrestaurant hat es mir sowieso nicht angetan und zudem heute Ruhetag)
Fazit:
Regen ist nass - trotzdem kann es schön sein.
An manchen Tobleronen kann man sich bitter die Zähne ausbeißen.
Länge | Auf | Ab |
---|---|---|
24.7 km | 222 Hm | 242 Hm |