Hinterzarten, 14.07.2023

Nach zwei Nächten in zu weichen Betten, konnte ich mal wieder richtig gut liegen, jedoch mit vielen Gedanken im Kopf gar nicht so erholsam schlafen. Obwohl ich früh beim Frühstück bin, sind die guten Einzeltische schon besetzt, sodass ich mitten im Raum sitzen muss und dann auch noch einen Stuhl mit gebrochener Rückenlehne erwische. Immer wenn ich mich zurücklehne, sticht es im Rücken und wenn ich nachschaue, warum, kann ich nichts sehen. Irgendwann wird es mir klar und ich tausche den Stuhl aus und sage Bescheid. Man nimmt es zur Kenntnis und das war’s.

Ich mache mir Gedanken, wie ich den Tag verpflegungstechnisch überstehen soll, denn in Hinterzarten gibt es keinen Einkaufsladen und ich kann nicht herausfinden, ob ich unterwegs an einer geöffneten Einkehrmöglichkeit vorbeikomme. Also beschließe ich, mich mal in Ort umzusehen und finde direkt neben dem Hotel einen Markt, bei dem ich Äpfel, Karotten und sogar eine Butterbrezel bekomme. Damit ist die Verpflegung für heute gesichert.

Nach einem Besuch in der Apotheke, in der ich zwar keine Enzyme, dafür aber abenteuerliche und meiner Meinung nach unwahre Geschichten zum Preis dieses Medikaments/Nahrungsmittels anhören durfte, verlasse ich Hinterzarten, das überwiegend aus Hotels und Ferienwohnungen zu bestehen scheint und wende mich dem zu, weswegen ich hier bin: dem E1 und der wunderbaren Natur.

Vom Häuslebauernhof aus habe ich eine gute Sicht zum Feldberg. Der Brunnen spuckt zwar kein Trinkwasser aus, kühlt damit aber ganz hervorragend die Getränke im SB-Schrank. Eigentlich ist es noch etwas früh für ein Radler, doch wenn es mit so fantastisch angeboten wird, nehme ich es gerne an. Das Wetter ist auch heute wieder ein Traum - und ich bin glücklich.

Am Rufenholzplatz steht eine wunderbare neue Hütte mit breiten Bänken, auf denen man perfekt liegen kann. Jemand von ForstBW ist gerade mit dem Auto dort und wir kommen ins Gespräch. Der Lehrling habe die Hütte gebaut und sie wird wohl gerne auch für Übernachtungen angenommen. Ich finde es große Klasse, was ich hier an solchen Möglichkeiten auf dem Westweg gesehen habe - sonst auf dem E1 gab es das nicht.

Wegen umgeworfener Bäume tue ich mich etwas schwer, den alternativen Aufstieg zum Feldberg quasi von hinten über den Baldenweger Buck zu finden. Diese Route ist attraktiver und sie erspart mir, Wege im ohnehin etwas langweiligen Gipfelbereich doppelt zu begehen.
Das Wegstück durch den Sägenbachdobel ist ein Traum für jeden, der die Kombination von kleinen Brücken über einen Bach, vielen Wurzeln und steinigem, steilem Weg mag. Ich kann davon gar nicht genug bekommen.
Ich erreiche die gut frequentierte Baldenweger Hütte und verschmähe ihr Angebot, ebenso wie das, des danebenliegenden Naturfreundehauses und wandere weiter, bis ich beim Baldenweger Kopf eine Wiese mit Blick auf den Feldberg-Gipfel finde. Dort mache ich es mir auf meiner Zeltunterlage bequem. So dicht über dem Boden ist der Geruch der wilden Wiese, den ich auf Kopfhöhe kaum wahrnehmen kann, betörend.

Nachdem ich gegessen und geruht habe, packe ich alles zusammen, nehme die tollen Eindrücke in Gedanken mit und hinterlasse nichts außer 1 m² eingedrückter Wiese. Auch nicht anders, als wenn hier eine Kuh gelegen hätte und ich merke erst, dass ich mich tatsächlich auf einer Weide befinde, als mir ein Rudel Kühe entgegenkommt, das definitiv nicht scheu ist. Angst vor einzelnen Kühnen habe ich nicht, kann es jedoch nicht ausstehen, wenn zu viele Kühe zu nahe kommen und es unübersichtlich wird. Denn Respekt habe ich definitiv. Gut, dass mich die Kühe nicht beim Nickerchen überrascht haben.

Als ich den höchsten Punkt Baden-Württembergs (1493 m) erreiche und den Gipfel mit 40 Menschen teilen muss, beglückwünsche ich mich, den alternativen Aufstieg gewählt zu haben. Obwohl das Wetter nicht ganz klar ist, habe ich eine tolle Aussicht in die Vogesen, den Schwarzwald und sogar in die Alpen.
Nun ist es an der Zeit, dem Westweg Lebewohl zu sagen, denn dieser führt nun weiter zum Notschrei und in knapp drei Etappen nach Basel, wohingegen ich in Richtung Bodensee abbiege. Schön war’s!

In Feldberg Ort passiere ich zunächst das letzte Portal des Westwegs. Mal schauen, ob ich die fehlenden Etappen irgendwann auch noch wandern kann. Alles liegt so dicht bei meinen Eltern, dass sich das „einfach mal so“ machen lassen sollte.
Danach wundere ich mich über die Menschen, die bei strahlendem Sonnenschein im Haus der Natur eine 3D-Vorführung der Natur anschauen gehen. Direkt neben dem Haus der Natur liegt der Wanderweg - dort gibt es die Natur auch in echt und mindestens in 3D.

Ich checke in die JuHe „Hebelhof“ im Ort Feldberg ein, in der ich 2 Tage verbringen werde, denn morgen ist Ruhetag. Der Ärger über die optimierungsbedürftige Dusche ist verflogen, als ich zu Abend esse. Neben einem abwechslungsreichen Salatbuffet gibt es Spätzle, Linsen, (Wienerle), Falafel, Spinat-Ricotta-Auflauf und noch Kartoffelauflauf. Alles selbst gemacht. Bis auf den Kartoffelauflauf versuche ich alles und es ist super lecker - es gibt nix auszusetzen. Unglaublich. Zudem gibt es selbstgemachten Kuchen und Dampfnudeln. Hammer! Der Koch schöpft alles auf, ist nett und kommunikativ und hat richtig Spaß dabei und Spaß kochen zu dürfen! Ich freue mich schon auf das morgige Abendessen.

Nach dem Abendessen setze ich mich noch etwas vor das Haus und lese, denn dort steht tatsächlich eine Bank mit Lehne, so wie ich es als alter Mann benötige. In den anderen JuHe gab es draußen immer nur Sitzgelegenheiten ohne Anlehnmöglichkeit.

Am morgigen Ruhetag soll es richtig heiß werden und dann mit dem Gewitter am Abend kräftig abkühlen.

Fazit: Ein toller Wandertag und obwohl der E1 weitergeht, habe ich das Gefühl eines Endes. Nach drei Abenden in Gesellschaft fühlt es sich heute Abend etwas merkwürdig an.

Länge Auf Ab
19.1 km 654 Hm 309 Hm