Oberkirchen, 01.05.2023 

Um 6:30 Uhr werde ich  durch Trommeln und Pfeifen des Fanfarenzugs geweckt. Das erinnert mich an meine Jugend, denn oft genug habe ich die Einwohner unseres Dorfes am 1. Mai früh morgens mit Marschmusik beglückt.

Die Nacht war überraschend ruhig, und obwohl das Bett nicht so bequem war wie das der letzten Nacht, habe ich deutlich erholsamer geschlafen.

Als ich mir warmes Wasser aus dem Wasserhahn über meine Haferflocken mit Milchpulver gießen möchte, bemerke ich, dass dieses sehr heiß ist. Und so gibt es zu dem Porridge völlig ungeplant auch noch einen leckeren Instant-Kaffee.

Die mitgebrachte Haferflocken-Portion war reichlich bemessen – ich hatte wohl Angst, dass ich verhungern könnte – sodass ich nun den Rest des Porridge auf den Kahlen Asten tragen darf.

Bevor ich losgehe, trage ich das Hotel als Übernachtungsempfehlung auf der E1-Wanderseite (e1.hiking.org) ein, denn ich habe mich hier sehr willkommen gefühlt.

Beim Verlassen des Hotels bemerkt mich die sympathische Inhaberin, wir unterhalten uns kurz und sie bietet mir einen Kaffee an. Ich lehne dankend ab, denn ich will jetzt wirklich starten. Es ist nämlich schon halb neun.

Bei 8° und bedecktem Himmel verlasse ich frohen Mutes das idyllisch im Lennetal liegende Dorf und freue mich auf die vor mir liegende „Bergetappe“.

In Westfeld befinden sich viele Ferienwohnungen und eine Schreinerei für Waldsofas (Sinnesbänke). Dann beginnt der Anstieg. Uff – wird mir warm, als ich auf einem breiten, unattraktiven Forstweg zum Hohen Knochen steige. Oben angekommen mache ich eine Pause, esse den Rest meines Porridge und zippe die Hosenbeine ab. Als ich mich umschaue, wird mir klar, dass der Turm, den ich gestern gesehen habe, definitiv nicht auf dem Kahlen Asten steht. Steht da überhaupt einer? Egal – ich werde es ja sehen.

Das Berghotel Hoher Knochen, vor dem ich sitze, ist wunderschön gelegen, jedoch für mich als Wanderer (und auch sonst) preislich absolut inakzeptabel. Ich bin nicht bereit, 234 € pro Nacht im Einzelzimmer zu bezahlen.

Kurz vor Mittag erreiche ich den Gipfel vom Kahlen Asten. Zwischen all den in dicke Daunenjacken gepackten Touristen muss ich mit kurzem Hemd und kurzer Hose ein seltsames Bild abgeben. Ich quatsche ein Pärchen mit mächtigen Rucksäcken an. Sie sind auf dem Rothaarsteig unterwegs und wissen noch nicht, wo sie die heutige Nacht verbringen werden. „Irgendwo im Wald“ ist auf eine Option.

Ohne Pause zu machen, wandere ich abwärts zur „Nordhangjause“ und höre schon aus einiger Entfernung Bässe wummern. Mir schwant Übles. Immerhin bin ich so nicht überrascht, auf eine Art Skihütte mit Après-Ski-Atmosphäre, garniert mit Bollerwagen-ziehenden, alkoholisierter Menschen zu treffen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, hier ein Kaffee zu trinken, aber jetzt will ich nur noch weg von hier. Und zwar ganz schnell!

Wie um mich zu entschädigen folgt nun ein schöner Wurzelpfad und eine Holzsteg-Passage entlang eines leise vor sich hin plätschernden Baches. Das ist Erholung für meine Ohren. Als dann noch eine Bank kommt, ist mein Glück perfekt!

Im weiteren Wegverlauf entdecke ich weitere, riesige und unbewachsene Hügel. Von einer Wandergruppe erfahre ich, dass es sich dabei um Abraumhalden eines Basaltwerks handelt. Nicht schön – und doch beeindruckend!

Im Hotel Löffler in Silbach gönne ich mir nach etwa 20 km den ersten richtigen Kaffee des Tages. Das tut gut!

Zur Kapelle des heiligen Sankt Blasius schwebe ich fast hinauf. Das in der Nähe hängende Waldgedicht „Die Kirche des Waldes“ (von Georg Graf zu Münster) berührt mich. Erst nach einer ganzen Weile möchte ich mich lösen und weitergehen.

Am Ortseingang von Niedersfeld befindet sich eine große Kartbahn. Ein einzelner Nachwuchs-Rennfahrer dreht seine Runden. Auch ich gebe mächtig Gas, denn soeben fallen die ersten Regentropfen vom dunklen Himmel. Zur Unterkunft ist es nicht mehr weit. Vielleicht schaffe ich es noch im Trockenen?

Das „Casa Milix“ befindet sich am Hang der anderen Talseite. Ich eile also durchs Dorf und steige geschwind über ein paar Treppenwege hinauf. Ich bin da. Geschafft!

Der Check-in gestaltet sich sehr positiv. Nachdem Michael mit mir alle Nahrungsmittelunverträglichkeiten (keine) und Ernährungspräferenzen (Vegetarier – aber Käse ist okay und am liebsten Kuhmilch im Kaffee) sowie die bevorzugte Frühstückszeit abgeklärt haben, erwartet mich ein modern eingerichtetes Zimmer mit neuem Bad. Die warme Dusche ist eine solche Wohltat! Man könnte meinen, dass es in Deutschland Standard sei, dass in einem Hotel/Pension in der Dusche ausreichend warmes, gut temperierbares Wasser in einem ordentlichen Strahl aus dem Duschkopf (und nur daraus) kommt. Meine Erfahrung sagt: Nein – dem ist nicht so!

Ich bin zwar erst seit drei Tagen unterwegs, aber dies ist das bislang beste Zimmer.

Nachdem ich mich ausgeruht habe, gehe ich ins Dorf in einen Dönerladen. Der Fett-Nebel hängt so tief, dass ich beschließe, mein Essen mitzunehmen. Wenn ich vor Ort esse, stinke ich die nächsten Wochen nicht nach Schweiß, sondern nach verbranntem Fett. Und natürlich beginnt es jetzt, kräftig zu regnen. Ich ziehe also meine Socken aus, damit diese in den Badelatschen nicht nass werden, und so zurück in die Unterkunft. Zum Glück habe ich zumindest meinen Schirm dabei. Richtig lecker schmeckt das Essen leider trotz meines Einsatzes nicht.

Länge Auf Ab
26.5 km 778 Hm 668 Hm

 

 


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