Hameln, 12.05.2023

Es regnet nicht. Das ist das Erste, was ich feststelle, als ich um 6 Uhr aufwache. In der Nacht habe ich noch zweimal meine Schuhe auf der nur noch wenig heizenden Heizung umgedreht und jetzt sind die Schuhe völlig trocken! Was oft selbstverständlich ist, ist für mich heute wichtig und ein Grund zur Freude. An Ostern, als ich in feuchten Schuhen gewandert bin, hab ich mir derartig Blasen gelaufen, dass die Überreste noch heute zu sehen sind.

Im Frühstücksraum sind schon einige Handwerker und freuen sich, dass heute Freitag ist. Sie verabschieden sich an der Rezeption mit „bis nächste Woche“. Bin ich froh, dass ich geschäftlich nicht mehr unterwegs sein muss.
Dank des Radiosenders bemerke ich, dass ich vorgestern auf der Etappe von Schwelentrup nach Aerzen - ganz konkret im Dorf Reine - unbemerkt die Grenze nach Niedersachsen überschritten habe.
Ich genieße es, Zeit zu haben und in Ruhe zu frühstücken, denn heute darf ich etwas später los. Also esse ich viel zu viel und mache mich dann auf den Weg zum Bahnhof, wo ich mich mit Anke treffe. Ich „kenne“ Anke von komoot, wo ich ihre Dänemark-Wanderung auf dem E1 aufmerksam verfolgt habe. Daraus ergab sich ein Nachrichten-Austausch mit ein paar Tipps zur Planung und die Verabredung, die heutige Etappe gemeinsam wandern zu wollen.

Der Bahnhof von Hameln ist überschaubar und so ist es kein Problem, uns zu finden.
Ohne Probleme finden wir auch ein Wandertempo, welches uns gut durch den Wald auf den Basberg hinaufbringt.
Als Nächstes folgt eine Wegsperrung (mit Umleitung) wegen einer „kaputten Brücke“. Der erste Test für uns? Bedeutet „kaputte Brücke“ wirklich, dass man da nicht durchgehen kann? Natürlich müssen wir das versuchen und stehen kurz danach vor einem Bach. „Kaputte Brücke“ bedeutet hier, dass gar keine Brücke (mehr) vorhanden ist. Der Bach ist nicht breit, aber zu beiden Seiten von tiefem Morast umgeben. Hier muss man echt weit springen, oder man riskiert, im Wasser oder Morast zu landen. Beides ist uns zu viel Risiko und wir sind uns einig, doch die Umleitung gehen zu wollen.

Der Schweineberg ist schnell überschritten und auch der Ort Unsen bietet nichts Sehenswertes. Also machen wir uns an den Anstieg zur Hohen Egge. Bei dem trockenen, sonnigen Wetter wandert es sich fast von selbst. Da wir uns angeregt unterhalten, kommen uns die 300 Höhenmeter ab Unsen gar nicht so viel vor und wir sind überrascht, dass es schon 13 Uhr sein soll, als wir oben ankommen.

Bevor wir den 25 m hohen und schon über 120 Jahre alten, aus regionalem Sandstein erbauten Süntelturm besteigen, stärken wir uns an einem Stück Kuchen aus der Gaststätte. Da wir die einzigen Gäste sind, können wir echt froh sein, dass hier auch an einem Freitag geöffnet ist.
Nicht nur ein Fußball-Spiel dauert 90 Minuten, sondern auch der Verzehr eines Stück Kuchens, wenn man ausreichend viele interessante Themen zu besprechen hat.

Der 360° Panorama-Blick vom mit Burg-Zinnen verzierten Rundturm ist grandios, lässt sich jedoch schlecht fotografisch festhalten.
Glücklicherweise kennt Anke sich hier ausgezeichnet aus und kann mir erklären, was ich sehe, woher wir kommen, und wohin ich die nächsten Tage wandern werde. Das ist sogar noch angenehmer als eine Panoramatafel, die hier leider nicht vorhanden ist.

Es folgt der Abstieg nach Bad Münder. Da wir beim Süntelturm nur ein Stück Kuchen gegessen haben und Picknick verboten war, machen wir es uns bereits nach ein paar Kilometern auf einem in der Sonne liegenden Baumstamm bequem und verspeisen unseren Proviant.

Nun dauert es nicht mehr lange und wir erreichen, die Hamel überquerend, das Altstadt-Zentrum von Bad Münder. Die evangelische Petri-Paul-Kirche spricht mich aufgrund ihres spitzen Turms besonders an. Die meisten Türen der Kirche sind geschlossen. Da jedoch zwei Tontechniker mit Vorbereitungen beschäftigt sind, können wir dennoch hineingehen und uns umsehen. Mich überrascht die Schlichtheit, mit der dieses Gotteshaus gestaltet ist.

Da meine Ferienwohnung dicht am Zentrum liegt, holen wir schnell meinen Schlüssel ab und gehen danach zurück in die Fußgängerzone, um noch ein Bier zu trinken.

In Bad Münder hat die Bahn das Nahverkehrskonzept auf eine besondere Art und Weise umgesetzt.
Ich weiß nicht, ob es an einem besonders günstigen Schienen-Radius, Erdstrahlen oder sonst was liegt - jedenfalls befindet sich der Bahnhof 2,5 km außerhalb des Stadt-Zentrums und die Bahnlinie führt am Ort vorbei - sozusagen eine Umgehungsbahnlinie.
Das ist eine super Sache, denn so bleibt der Bahnlärm und Verkehr außerhalb der Stadt.
Blöd ist es nur für die paar Menschen, die die Bahn tatsächlich benutzen wollen.

Und so wird das Abschlussbier etwas weniger entspannt, als geplant, denn Ankes Rückweg startet mit 30 Minuten Fußweg zum Bahnhof, bevor sie die dreiviertelstündige S-Bahn Fahrt nach Hause antreten darf. Und es ist inzwischen schon recht spät geworden.

Fazit: Für mich ein stimmiger, runder und sehr kommunikativer Wandertag bei prächtigem Wanderwetter. Ob es eine Wiederholung gibt?


Länge Auf Ab
22.1 km 587 Hm 537 Hm

 


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