Mölln, 02.06.2023

Irgendwann kehrte gestern Abend noch Ruhe ein und nur die dünne, harte Matratze war etwas unbequem.
Die Wände des Speisesaals der Till-Eulenspiegel-Jugendherberge sind liebevoll mit Szenen seiner vielen Streichen bemalt und die Gruppen sind heute Morgen deutlich leiser als gestern Abend. Vermutlich sind die Kids noch müde und ich kann das Frühstück fast genießen. Ein wenig wie ein Fremdkörper komme ich mir schon vor und habe auch das Gefühl, seltsam beäugt zu werden. Außer mir sind nur noch 2 Frauen mit 2 kleinen Kindern als „Nicht-Gruppe“ anwesend. Mit denen rede ich ein wenig und was die anderen denken, ist mir egal.

Das Thermometer befindet sich knapp im zweistelligen Bereich, der Himmel ist grau, es weht ein frisches Lüftchen. Die Wettervorhersage behauptet, es bliebe trocken. Ich bin mir da nicht so sicher.
Ich wandere wieder über den Damm in die Möllner Altstadt, reibe Till dort, wo er auch von allen anderen Touristen gerieben wird und nehme die Markierung des E1 auf.

Gemeinsam mit dem E6 führt der schöne und leider schlecht markierte Weg durch den hügeligen Wald und passiert nach kurzer Zeit gleich mehrere Kriegsdenkmäler.
Wie ich durch den Wald schlendere, sehe ich ein Reh keine 10 m neben mir stehen. Ich bleibe auch stehen. Wir schauen uns in unsere rehbraunen Augen und kommunizieren schweigend. Ein magischer Moment. Und dann gehen wir beide in aller Ruhe weiter. Einfach nur schön.

Irgendwann wird der Weg zur Forstautobahn, der ich ein paar Kilometer folge. Danach wandere eine ganze Zeit am Zaun einer Gärtnerei vorbei, wo unter Foliendächern große Pflanzen herangezogen werden. Da ich sicher 15 Meter entfernt bin, kann ich bedauerlicherweise nicht sehen, was genau da wächst. Alleine in dem Bereich, an dem ich entlang wandere, stehen über 20.000 Pflanzen in ihren großen Kübeln. Und das ist nur etwa 1⁄3 des Geländes. Hier wächst also das heran, was später im Gartencenter oder Supermarkt verkauft wird. Eigentlich klar – und doch überraschen mich die Dimensionen.

Wieder im Wald überquere ich eine überraschend hohe Brücke, unter der Eisenbahnschienen verlaufen. Nach einer aktiven Bahnstrecke sieht das nicht aus. Eine kurze Recherche ergibt, dass es sich hierbei um die ehemalige Kaiserbahn handelt, die von Kaiser Wilhelm II. bevorzugt für Fahrten von Berlin nach Kiel benutzt wurde. Der größte Teil dieser Bahnlinie ist inzwischen abgebaut. Die unter mir befindlichen Schienen werden angeblich noch für Draisinenfahrten verwendet, was ich aufgrund des Bewuchses jedoch bezweifle. Interessant!

Die wunderschön gelegene Farchauer Mühle am Anfang des Küchensees, in dem Ratzeburg liegt, befindet sich in Privatbesitz und ist in Betrieb. Gäbe es hier eine Bank, würde ich glatt eine Pause machen und dem Wasserrad der Mühle eine Weile zuschauen.
Stattdessen verlasse ich kurz den E1 und besuche das gleichnamige Restaurant. Hier finde ich trotz muffeliger Bedienung ein schönes Sonnenplätzchen (vor dem noch geschlossenen Café) und trinke einen leckeren Cappuccino.

Schön führt mich der Weg entlang des Sees nach Ratzeburg. Diese Inselstadt ist nur mittels dreier Dämme mit dem Festland verbunden. Eine echte Besonderheit. Da ich mehr von der Altstadt sehen möchte, als die E1-Wegführung vorsieht, suche ich mir eine Alternative nach eigenem Gusto. Spätestens beim Verlassen der Insel treffe ich zwangsläufig wieder auf den E1.
Der Ratzeburger Dom ist leider wenig fotogen eingerüstet. Ich mache einen gut beschriebenen Rundgang durch diese prächtige Backsteinkirche aus dem 12. Jahrhundert. Es wäre eine Schande gewesen, hier achtlos vorbeizuwandern.

Auf Empfehlung kehre ich in der „Fischerstube“ ein. Draußen sind fast alle Plätze frei, obwohl die Sonne scheint, während der Innenraum gut gefüllt ist. Als ich mein Essen bekomme, frischt der Wind auf. Nicht nur das dekorative Salatblatt kann sich nicht auf dem Teller halten, eine Böe weht mir sogar den Kartoffelsalat von der Gabel. Selbst die Bedienung hat inzwischen eine Jacke angezogen. Sie spricht von „anstrengendem“ Wetter, 21 km Wind und einer gefühlten Temperatur von 14°. Mir ist es hier selbst im Pulli zu ungemütlich. Ich gehe weiter und peile an, welchen der stündlich fahrenden Busse ich erreichen kann. Die letzten beiden Tage habe ich es genossen, dies nicht machen zu müssen.

Entlang des Sees erreiche ich mit mehr auf und ab als erwartet Buchholz. Auf diese Art und Weise haben sich im flachen Land über 350 Höhenmeter zusammengeläppert. Ich hätte in Ratzeburg nicht auf die Abfahrtszeiten schauen dürfen, denn unterbewusst hat dies meinen „Turbo“ eingeschaltet und so ich erreiche die Bushaltestelle 4 Minuten vor Abfahrt des Busses, der eigentlich unmöglich war. Tja - ich bin halt ein alter Gegenbeispielsortierer.

Der Bus bringt mich noch Mölln, wo ich etwas zum Abendessen einkaufe, denn heute gibt es nichts in der Jugendherberge. Keine Gruppe - kein Essen. Als ich nach einem weiteren Kilometer um 18 Uhr dort ankomme, reicht es mir für heute. Der Tag war anstrengend.

Länge Auf Ab
25.4 km 199 Hm 196 Hm

 


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