Blumberg, 19.07.2023

Nach einer Nacht im bequemen Bett gehe ich zum Frühstück. Die Frage „Für zwei?“ wirft mich etwas aus der Bahn. Erkennt mich die Frau vom letzten Besuch wieder und möchte wissen, ob ich für zwei frühstücke? Bin ich inzwischen so breit, dass ich Platz für zwei benötige? Oder denkt sie, dass noch eine Partner*in nachkommt?
Ich erkläre ihr, dass ich mit mir alleine frühstücke, was ihr ein Schmunzeln und mir einen Tisch mit einem Gedeck beschert.
Darauf befindet sich ein leeres Milchkännchen, vermutlich für die, die den Kaffee schwarz trinken und eine Thermoskanne Kaffee, der ich genau eine halbe Tasse Kaffee entlocke.
Die Ursache lerne ich bald kennen, denn jedes Mal, wenn jemand noch Kaffee haben möchte, wird einfach die Kanne vom freien Nebentisch genommen und wenn Tische frei werden, werden die Milchreste konsolidiert. Ein interessantes Verfahren, welches mir beim letzten Besuch, Corona sei Dank, verborgen blieb.
Ich unterhalte mich noch ein wenig mit dem über 70-jährigen Paar, das auf dem Wasserwelten-Steig unterwegs und von diesem wegen der vielen breiten Wege etwas enttäuscht ist.
Nach drei Kannen Kaffee und zwei Kännchen Milch rüste ich mich zum Aufbruch.

Bei schönstem Wetter besteige ich zunächst den Buchberg und genieße, nassgeschwitzt, die grandiose Aussicht. Auf einem ausgezeichnet gemachten und glücklicherweise nicht vandalisierten Panoramabild bekomme ich erklärt, was ich sehe. Und ich sehe dort, was ich trotz recht guter Sicht gerade nicht sehe, nämlich zum Beispiel die „nur“ 150 km entfernten Eiger, Mönch und Jungfrau. Anhand der Tafel ermittle ich, dass die Sichtweite heute circa 70 km beträgt. Das finde ich schon ziemlich gut.

Als Nächstes erhasche ich einen Blick auf die Sauschwänzlebahn, auf die man hier besonders stolz zu sein scheint, bevor ich in den Wald entschwinde und meinen Gedanken und Füssen freien Lauf lassen kann.
Punkt 12:00 Uhr erreiche ich den „Blauen Stein“, dessen 12 m hohen Basaltsäulen gar nicht blau sind und durch vulkanische Reliefumkehr entstanden. (Das bedeutet, dass hier ein Loch war, in das die Lava hineingeflossen ist und diese Säulen gebildet hat. Und über die Jahre ist dann die Umgebung des Lochs weg erodiert und nur der harte Basalt blieb stehen). Wieder was gelernt.
Auf jeden Fall sitzt es sich hier sehr schön und schattig und ich mache Mittagspause.

In Riedöschingen fülle ich mein Wasser auf und gönne ich mir in einer Art Dönerladen einen Kaffee und staune, dass im Biergarten Zelte mit Moskitonetzen aufgebaut sind. Alles wegen der Fliegen. Und davon gibt es hier wirklich genug.

Bei knapp 30° in praller Sonne zwischen Feldern bergauf zu wandern fordert mich noch einmal richtig. Zwar gibt es hier nur wenige Mücken, dafür aber jede Menge kleine Fliegen, die mir ständig in Mund und Augen fliegen möchten, was sehr unangenehm ist - und dicke Bremsen. Die meisten Bremsen bemerke ich, und exekutiere sie, bevor sie stechen - manche habe Glück und hinterlassen juckende Knubbel. Autan kann ich mir sparen, denn das hilft nicht gegen Bremsen.

Als sich der Blick Richtung Tengen öffnet, kann ich den Hegau mit seinen auffälligen Vulkankegeln bewundern. Ja – hier ist es definitiv auch schön.
An der Spitzhütte staune ich gleich mehrfach. Einerseits angesichts des fantastischen Ausblicks, andererseits wegen der Roaming-SMS aus der Schweiz und dem fröhlich entgegen geträllerten „Grüezi“ der dort parkenden Wanderer. Die Schweiz ist nahe, zumal die Grenze auch fast verläuft, wie Sauschwänzle.
Sind deshalb vielleicht die Schilder, die die Wander-Entfernung angeben und bisher immer in Weiß mit schwarzer Schrift gehalten waren, nun gelb? Damit sich die Schweizer orientieren können? Und das, obwohl hier noch der Schwarzwaldverein für die Markierung zuständig ist? Alles sehr merkwürdig.

Ob es an der Hitze, den eintönigen Wegen, der prallen Sonne, Wassermangel oder allgemeiner Erschöpfung liegt - schon nach 20 km sehne ich das Ende der heutigen Tour herbei. Es ist wunderschön hier, doch mir reicht es. Zum Glück ist morgen Ruhetag.

Am Napoleonseck steht endlich eine Sinnesbank im Schatten. Ich vermute, ich bin trotz 3 Liter Wasserkonsum ziemlich dehydriert. Mir ist übel und ich will nicht mehr. Na gut, jetzt mache ich erst einmal Pause, versuche zur Ruhe zu kommen und die Natur zu genießen, bevor ich die letzten 5 km angehe.

Nach ungefähr einer Viertelstunde auf der Bank realisiere ich wie unglaublich schön es hier ist und was ich überhaupt sehe.
Der Hügel vor mir ist zwar nicht der Hohenstoffeln, den ich in der nächsten Etappe überschreite, doch direkt dahinter sehe ich Singen und den Bodensee.
Als mir klar wird, dass ich tatsächlich den Bodensee sehe und dort das Ziel und gleichzeitig das Ende meiner langen Wanderung liegt, durchströmt mich ein unglaubliches Glücksgefühl und ich bekomme feuchte Augen.
Das werde ich doch noch schaffen, also los, weiter geht’s!

Und mit dem Ziel vor Augen kommt mit einem Schlag die Motivation und auch die Kraft zurück. Der Weg fliegt fast mühelos unter den Füßen entlang. Noch ein mini Aufstieg und endlich liegt Engen vor mir.

Ich wandere in den Ort und will auf dem Weg zur Ferienwohnung schnell noch Wasser kaufen und werde vor LIDL von einer älteren Dame angesprochen, ob ich hier mit der Packstation helfen könne, sie erwarte wichtige Medikamente. Ich gebe mir Mühe, doch nur mit Paketnummer komme ich allerdings auch nicht weiter und nach ungefähr 20 Minuten hat sie immer noch kein Paket, dafür aber die Information, dass sie es bereits am Freitag abgeholt hat. Steht so schwarz auf weiß in der Sendungsverfolgung. Oje - was hier wohl schiefgegangen ist?
Diese Episode bestärkt mich darin, doch noch Senioren-Kurse für iPhone anzubieten. Darüber hatte ich mir heute tatsächlich Gedanken gemacht. Ich glaube, ich kann das

Das Besondere an Engen ist die Altstadt, die auf einem Hügel mitten in der Stadt liegt - und damit zwischen mir und der Ferienwohnung. Nach Überschreiten des Hügels checke in die Wohnung ein und bin froh, dass sie sich im Souterrain befindet, denn dort ist es kühl. Nicht vorzustellen, jetzt irgendwo unter dem Dach schlafen zu sollen.
Danach darf ich noch mal über den Hügel zum Einkaufen und auf dem Rückweg noch mal zurück. Inzwischen ist es 20 Uhr, über 40.000 Schritte liegen hinter mir. Jetzt noch duschen, Wäsche waschen und essen. Mir langt‘s für heute.

Fazit: Heiß, lang, anstrengend. Und doch war’s ein schöner Tag. Morgen ist Ruhetag.

Länge Auf Ab
28.1 km 522 Hm 697 Hm


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