Aschberg, 20.06.2023

Ich habe kurz und unruhig geschlafen. Irgendwann habe ich die Terrassentür doch geöffnet, da das kleine Fenster nicht genügend frische Luft ins Zimmer gelassen hat. Mit offener Terrassentür schlafe ich nicht gerne, denn da kann ja sonst wer reinspazieren.
Ich wache bei kühlen, feuchten 14 Grad und Nebel auf. Vom Panorama ist nichts zu sehen.

Das Frühstücksbuffet ist sicher nicht das beste, das ich bisher gesehen habe. Die Aufbackbrötchen sind vermutlich der Lage geschuldet. Anders als in der JuHe gibt es kein Brot, wenig Gemüse und kaum Obst - und auch kein nettes Wort des Personals. Dafür ziemlich gutes Rührei und etwas Lachs. Ungefragt und kommentarlos bekomme ich eine Kanne Kaffee auf den Tisch gestellt. Das war’s. Um kurz nach 8 Uhr befindet sich noch genau ein Brötchen am Büffet und etwa 15 Menschen, die noch frühstücken, ohne dass es jemanden kümmert. Gutes Personal zu bekommen, scheint schwer zu sein.

Da es mir nicht sinnvoll erscheint, in der Nebelsuppe zu wandern, dehne ich das Frühstück in die Länge. Dabei überkommt mich ein großes Verlangen, mich mal wieder zu rasieren und danach die fantastische Dusche voll auszukosten. Gedacht - getan.

Als ich um kurz vor zehn auschecke, blinzelt die Sonne vorsichtig vom Himmel und auch die Sicht hat sich deutlich verbessert. Okay - das war nicht sooo schwer.

Der Weg schlängelt sich durch den schönen Wald und die Vögel scheinen nach der feuchten Nacht extra motiviert zu sein.
Bald erreiche ich die Häuseransammlung Niederschoothorst. Hier ist nichts los und doch kann ich meine Augen kaum von den wunderschönen Rosen eines reetgedeckten Hauses lassen, denn das sieht so wunderbar aus.

Auf dem Heidberg, den ich nun erklommen habe, befindet sich ein „E1-Gipfelbuch“ in dem ich mich verewige und zwei Sinnesbänke stehen in der inzwischen kräftig vom Himmel scheinenden Sonne. Das Wetter hat sich prima entwickelt und ich genieße es sehr, hier eine Pause machen zu können.

Ich wandere weiter und erreiche den Rammsee. Von einem Steg aus schaue ich hinein und kann nicht bis zum Boden sehen. Und dennoch sehe ich kurze Zeit später zwei Frauen, die mit Handtuch durch den Wald spazieren. Ich spreche sie an, ob man in dem See baden könne. Sie entgegnen, es sei hervorragendes Moorwasser, die Badestelle für Menschen befände sich auf der anderen Seeseite – der Steg diesseits sei die Hundebadestelle. Auch angesichts der Tatsache, dass ich erst heute Abend wieder mit klarem Wasser duschen kann, bleibe ich skeptisch. Zu viel Wellness ist ja auch nicht gut.

Kurz nach Mittag treffe ich im 1000 Seelen Ort Brekendorf ein, in dem sich der einzige Laden auf der heutigen Etappe befindet. Auch Einkehrmöglichkeiten gibt es keine.
Leider hatte ich nicht beachtet, dass der Laden „Tante Enso“ nur bis 12 Uhr geöffnet hat und ansonsten einen 24/7-Betrieb für Mitglieder mit Karte. Zum Glück ist noch jemand im Laden, der sich auch irgendwann erbarmt und zur Tür kommt. Es kostet schon Überzeugungsarbeit, doch dann kann ich mit seiner Karte einkaufen. Einen verhungerten Wanderer wollte er doch nicht auf dem Gewissen haben. Ansonsten hätte ich tatsächlich bis heute Abend mit einem Müsliriegel und ein paar Nüssen klarkommen müssen. Das hätte mir vermutlich auch nicht geschadet und doch ist es so deutlich angenehmer.

Die nächsten Kilometer verlaufen so, wie ich es ursprünglich für weite Teile Schleswig-Holsteins befürchtet hatte. Im Zickzack auf öden Feldwegen und Nebenstraßen - und nichts zu sehen. Ein Schild am Straßenrand bringt mich zum Schmunzeln und fasst die Situation treffend zusammen: „Nordholz - Herzlich willkommen am Arsch der Welt“.
Na gut, dann erfreue ich mich halt an den kleinen Dingen. Morgen stehen dann die großen landschaftlichen und kulturellen Highlights auf der Wander-Agenda. Da wird es auch bei mir als Geschichts-Banause nicht ohne „Wikinger“ und „Haithabu“ gehen.

Dies im Sinn, erreiche ich nach einer endlos wirkenden Zeit die Bushaltestelle in Niederselk, von der aus ich nach Schleswig fahren möchte. Ich checke schnell, ob hier auch tatsächlich „Schleswig ZOB“ als Ziel auf dem Plan steht. Ja, passt!
Dann setze ich mich ins Wartehäuschen und bin froh, diese Etappe gesplittet zu haben, denn zur Unterkunft sind es noch über 10 km. Klar wäre es „möglich“, jedoch wäre dann gar kein Sightseeing mehr drin.

Nach einer Dreiviertelstunde Wartezeit ist es so weit und der Bus kommt. Leider auf der falschen Straßenseite und er fährt zur Bushaltestelle in gut 50 m Entfernung. Zum Glück steht dort jemand und ich kann noch auf den Finger pfeifen. Dann lege ich einen Sprint ein. Ich verstehe die Welt nicht, denn ich hatte an meiner Haltestelle noch geschaut, ob dort die Busse nach Schleswig fahren. Tun sie auch. Aber manche Linien fahren „andersherum“ und daher in die andere Richtung. Grade noch einmal gut gegangen - sonst wären weitere 90 Minuten Wartezeit angesagt gewesen.

Der Bus fährt unglaubliche Umwege, wodurch ich die herrliche, hügelige Landschaft kennenlerne und auch schon manchen Blick auf Schleswig erhaschen kann. Schon jetzt bekomme ich richtig Lust auf die morgige Wanderung.
Durch die Herumkurverei wird mir bald übel und dadurch, dass in Schleswig eine Musikgruppe mit Polizeibegleitung die längste Zeit vor uns her marschiert, wird es nicht besser. Als ich den Bus nach fast einstündiger Fahrt verlassen darf, atme ich die frische Luft ganz tief ein und bin dankbar, dass alles gut gegangen ist.

Ich checke in der Privatunterkunft „Stadthaus Rothensande“ ein und werde sehr sympathisch begrüßt. Der Vermieter ist ein Bücherliebhaber, zeigt mir die Bibliothek, falls mir langweilig sei, und hat den E1 selbst schon bis Celle bewandert. Dann lerne ich, was Dänische Fenster sind und dass man diese in jeder Position arretieren kann. Ideal, wenn man in einer windigen Gegend wohnt.
Die nächsten Nächte muss ich wieder mal auf meinen Kopf achten, denn ich lebe unter der Dachschräge und teile mir erneut mein Bad, was ich ganz vergessen hatte.

Nach dem Duschen und Waschen kundschafte ich aus, wo ich morgen frühstücken kann und besorge mir noch eine Kleinigkeit zu Essen und einen Schlummertrunk. Da ich in einem Wohngebiet untergebracht bin, gibt es hier keine Restaurants und nichts zu besichtigen. Das hole ich morgen alles nach.

Länge Auf Ab
20.4 km 142 Hm 200 Hm


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